Hanaus Hauptfriedhof besteht 2021 seit 175 Jahren. Die erste Bestattung fand am 25. Juni 1846 statt. Der entsprechende Grabstein von Rebecca Happel, geb. Jakob, etwas unscheinbar gegenüber der Seitzschen Kapelle gelegen, ist heute noch als Denkmal erhalten. Das Jubiläumsjahr begehen der für Friedhöfe zuständige Eigenbetrieb Hanau Infrastruktur Service (HIS) und der städtische Fachbereich Kultur von Ende Juni bis zum November mit einem umfang- und facettenreichen Veranstaltungsprogramm. „Unser Hauptfriedhof ist ein Ort der Hanauer Kulturgeschichte, das wollen wir gebührend begehen“, meint Oberbürgermeister Claus Kaminsky.
Das Gräberfeld zwischen Birkenhainer Straße und Dettinger Straße misst rund 14 Hektar. „Diese Größe entspricht der Bedeutung des Hauptfriedhofs“, sagt der für HIS zuständige Stadtrat Thomas Morlock. Der biete „Zeugnisse vieler Generationen von Menschen unterschiedlicher Herkunft und zugleich einzigartige Naturräume“. Darauf ziele das Jubiläumsjahr ab. Er sei er mit seinen rund 10.000 belegten Grabstätten „auch ein Ort der Trauer, Besinnung und Pietät“.
Das Veranstaltungsprogramm ist aufgelistet unter www.175jahrehauptfriedhof.hanau.de. Auf dieser eigens angelegten Homepage geben Fotos aus allen Jahreszeiten – darunter auch mit Schnee – „ein sehr interessantes Panorama von diesem Trauer- und Gedenkort“, so HIS-Leiter Markus Henrich. Er weist darauf hin, dass alle Veranstaltungen im Freien stattfinden und einer Anmeldung bedürfen. Anmeldungen können per E-Mail his-friedhof@hanau.de oder telefonisch unter 06181-399-116 erfolgen.
Um die „Keimzelle“ des Hauptfriedhofs, nämlich die erste Bestattung vor 175 Jahren, geht es am Freitag, 25. Juni, am Grabstein von Rebecca Happel. Die Stadtspitze legt aus diesem Anlass dort um 11.30 Uhr einen Kranz nieder.
Diesen Tag nimmt die Wolfgang Arnim Nagel-Stiftung zugleich zum Anlass ihre aktualisierte Tafel mit auf dem Hauptfriedhof begrabenen bekannten Hanauerinnen und Hanauern zu enthüllen. Die Stiftung hat zusammen mit der Stadt Hanau und dem Hanauer Geschichtsverein im Jahr 2008 ein dazu passendes Buch mit dem Titel „Begraben – aber nicht vergessen“ herausgegeben, darin werden auch die anderen Hanauer Friedhöfe aufgeführt.
Ebenfalls an diesem Gründungstag stellt der Verein zur Förderung von Kunst und Kultur Hanau bei einem Rundgang sein „Restaurierungsprojekt alter Grabsteine Hanauer Persönlichkeiten“ vor. Die historisch und kunsthistorisch interessanten Grabsteine sind auf dem Hauptfriedhof entlang der Dettinger Straße beispielsweise die von Seelsorgern, Unternehmern und Künstlern, etwa dem Maler und Direktor der Zeichenakademie Theodor Pelissier.
Kulturelle Veranstaltungen stehen im Juli und August auf dem Jubiläumsprogramm. In einer Lesung von Ursula Zierlinger und Erland Schneck-Holze am Samstag, 18. Juli, um 16.30 Uhr geht es ebenso um Tod und Trauer wie bei einem Konzert des Männerchors Frohsinn 1925 Hanau am Samstag, 14. August, 16 Uhr. Die Lesung begleitet Christine Hagemann an der Klarinette.
Um muslimische Bestattungen dreht sich ein Vortrag am Samstag, 31. Juli, 15 Uhr. Behluel Yilmaz vom Muslimischen Arbeitskreis Hanau zeigt das muslimische Beerdigungsfeld mit mittlerweile fast 300 Gräbern auf der Ostseite des Hauptfriedhofs. Treffpunkt ist die neue Gedenktafel für die Opfer des rassistisch motivierten Terroranschlags vom 19. Februar 2020 am Rand des muslimischen Gräberfelds.
Alexandra Kinski, Leiterin der Hanauer Friedhöfe, hebt hervor: „Die Stadt Hanau war in der Vergangenheit richtungsweisend, was muslimische Bestattungskultur angeht.“ Als Beispiele nennt sie: „Seit 2001 sind auf dem Hauptfriedhof Begräbnisse nach islamischem Ritus möglich. Und als erste Stadt in Hessen wird seit 2013 auch die Bestattung im Tuch, an Stelle eines Sarges, ermöglicht.
Thomas Asbach, stellvertretender Leiter der Hanauer Friedhöfe, bietet am Sonntag, 29. August, eine ungewöhnliche Führung. Er zeigt von 16 Uhr an bei einem Rundgang die Baumvielfalt des Hauptfriedhofs. Dort sorgen insgesamt 1082 Bäume verschiedenen Alters für Atmosphäre und gutes Kleinklima. Allein in diesem Jahr pflanzt HIS dort Stieleichen, Spitzahorn ‚Columnare‘, Hainbuchen ‚Frans Fontaine‘ sowie Baum-Hasel und Cornelkirsche – teils als Ersatz für solche, die gefällt werden mussten.
Anlässlich des Tags des offenen Denkmals am Sonntag, 12. September, stellt Martin Hoppe, Fachbereichsleiter Kultur der Stadt, in einer Gesprächsführung eine Auswahl an Gräbern von Hanauer Persönlichkeiten aus dem 19. Jahrhundert bis in unsere Tage vor. Die Teilnehmer:innen sind eingeladen, sich selbst mit Erinnerungen an die Verstorbenen zu beteiligen.
Speziell für Kinder der dritten und vierten Klasse gedacht ist eine Natur-Rallye am Sonntag, 26. September, 15 Uhr. Der Titel lautet: „Über Stock und (Grab)Stein“. Dabei arbeitet HIS mit Carolin Kornberger vom städtischen Kinder- und Jugendbüro zusammen.
Interessantes aus der Geschichte von Friedhöfen weiß die „Schwarze Witwe“ alias Dr. Anja Kretschmer bei ihrer Führung „Friedhofsgeflüster“ am Freitag, 1. Oktober, um 19 Uhr zu berichten. Die Kunsthistorikerin aus Rostock erweist sich einiger Beliebtheit und ist 2019 mit großem Erfolg schon einmal in Hanau aufgetreten.
Eine besondere Veranstaltung stellt auch ein Vortrag über die Bestattungskultur von Sinti und Roma am Samstag, 16. Oktober, um 14 Uhr dar. Der hessische Zweig des Verbands Deutscher Sinti und Roma wird an diesem Tag von Adam Strauß repräsentiert. Auf dem Hauptfriedhof gibt es derzeit 16 Grabstätten von Sinti und Roma.
Den Abschluss der Veranstaltungsreihe bildet die Feier zum Volkstrauertag am Sonntag, 14. November, um 15 Uhr. Hierbei wirken verschiedene Religionsgemeinschaften mit.
Alle Veranstaltungen finden vorbehaltlich der weiteren Entwicklung der Corona-Pandemie unter den geltenden Hygieneauflagen statt. Voranmeldungen erfolgen per E-Mail his-friedhof@hanau.de oder telefonisch unter 06181-399-116.
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Die Friedhofsgeschichte hierzulande ist wechselvoll und etwa ab 500 nach Christus christlich geprägt. Durch Napoleons weltliches Reformdekret von 1804 folgte ein bedeutsamer Wandel hin zu einer Neugestaltung der „Gottesacker“ außerhalb der Stadt. Es entstanden statt bisheriger trister und unsystematisch wirkender Gräberfelder große Parkanlagen, die auch zum Flanieren einluden und nicht nur Trauer und Erinnerung dienten. In dieser Tradition ist der Hauptfriedhof in Hanau entstanden.
Nachdem im Frühjahr 1845 ein großes Hochwasser erneut die ungünstige und auch gesundheitsgefährdende Lage der alten Friedhöfe (Französischer und Deutscher Friedhof an der Nussallee) gezeigt hatte, wurde unter Oberbürgermeister Bernhard Eberhard an der Ehrensäule ein neuer Hauptfriedhof angelegt mit teils sehr altem, üppigem Baumbestand. Er umfasste ursprünglich rund sechs Hektar, heute etwa 14.
Die erste Bestattung fand für Rebecca Happel statt. Sie wurde am 8. September 1809 als Tochter des Wagenknechts Peter Jakob und von Elisabeth geb. Hartmann in Hanau geboren und heiratete am 3. April 1840 den Schuhmachermeister Heinrich Happel. Das Paar hatte vier Kinder. Rebecca Happel starb am 22. Juni 1846 und wurde am 25. Juni 1846 beigesetzt. Heinrich Happel heiratete 1847 erneut und starb 1859.


Pressekontakt: Joachim Haas-Feldmann, Telefon 06181/295-266


